Mitschrift unserer Debatte zu „sex and gender“

Vor vier Wochen haben wir im Rahmen unseres zwei-wöchig stattfindenden „Inhaltsplenums“ eine intensive Diskussion zum Themenbereich „Sex und Gender“ geführt. Die lange Debatte fühlte sich jedoch alles andere als langwierig an und war uns die 3 Stunden leidenschaftliche Diskussion auf jeden Fall wert! In der Zeit war es natürlich nicht möglich alle Aspekte feministischer Kritik abzuarbeiten, weshalb wir uns auf 3 Themen einigten:

  • Was ist Geschlecht? (sozial, biologisch, wie viele Geschlechter, Verhältnis von sozialem und biologischen Anteil)
  • Zum Umgang mit Transfrauen in Frauenhäusern
  • Gendern und Sprache

1) Was ist Geschlecht?

Grundlage einer jeden Diskussion über Geschlecht muss natürlich zuerst eine Verständigung über die begriffliche Grundlage sein: wie ist Geschlecht überhaut zu definieren?

Einig waren wir uns von Anfang an über die grundsätzliche Aufteilung der Kategorie Geschlecht in das sozial konstruierte gender und dem biologisch angeborenem sex, welches in der englischen Sprache zum Ausdruck kommt. Beispiele von Eltern, die ihren Töchtern rosa Puppen und ihren Söhnen blaue Spielzeugbagger schenken, wie es etwa in der „Rosa-Hellblau-Falle“ von Almut Schnerring und Sascha Verlan beschrieben wird, sind inzwischen wohlbekannt. Die physische Existenz unterschiedlicher Genitalien ist freilich ein Faktum, doch könnten darüber hinaus nicht auch gewisse typisch männlich-weibliche Verhaltensweisen von der neurologischen Struktur des Gehirns beeinflusst sein, der Biologie nicht also doch eine gewisse Rolle zukommen? Ein solch klassisches Beispiel stellt der vermeintliche Gegensatz männlicher Rationalität und der Emotionalität der Frau dar. So versuchen beispielsweise neuere Experimente zu beweisen, dass die geschlechterdifferenzierte Beschäftigung mit Spielzeug tatsächlich unterschiedlichen Gehirnstrukturen zu Grunde liegen könnte: zumindest zum Teil sei für das weibliche Spielen mit Puppen eine emotional-soziale Veranlagung verantwortlich, bei Jungen hingegen die rationale Objekt-Beschäftigung, es sei also von einem Zusammenspiel aus biologischen und sozial konstruierten Faktoren auszugehen. Doch solche vermeintlichen Binsenweisheiten, so der Tenor der Diskussionsrunde, müssten kritisch betrachtet und relativiert werden: so hinterlasse das bei Jungen anerzogene Spielen mit Bauklötzen tatsächlich psychische Veränderungen, indem etwa dadurch bei Jungen das dreidimensionale, räumliche Vorstellungsvermögen trainiert würde, sodass Jungen ihren erlernten Fähigkeiten dementsprechend auch im heranreifenden Alter nachgingen. Die soziale Konstruktion schaffe also Realitäten, welche dann wieder als biologisch fehlinterpretiert würde. So zeigten auch Studien mit Kontrollprobanden, dass die gängige Vorstellung des dem Deutschunterricht unterlegenen Jungen, dessen ausgeprägte Mathematikkenntnisse doch dringlich gefördert werden müssten, sich in Wahrheit eher als selbsterfüllende Prophezeiung entpuppt. Auch historische Argumentationen müssten differenziert werden, seit vor 2 Jahren neueste Untersuchungen zeigten, dass die steinzeitlichen Höhlenzeichnungen geschlechtlicher Rollenteilung sich auch gänzlich neu interpretieren ließen: beispielsweise konnten durch neue archäologische Methoden seit kurzer Zeit Handabdrücke, die auf Höhlengemälden von Jagdszenen hinterlassen wurden, erstmals geschlechtlich zugeordnet werden. Herauskam, dass viele der Handabdrücke von Frauen stammen, was den Schluss vermuten lässt, dass sie ebenso an Jagden beteiligt waren. (zum Thema: https://www.deutschlandfunkkultur.de/geschlechterrollen-forscher-entzaubern-die-steinzeit.976.de.html?dram:article_id=342902 )

Allerdings wurde eingewandt, dass nicht alle biologischen Faktoren zu vernachlässigen seien und durchaus biologisch bedingte Verhaltenstendenzen ausgemacht werden können. So sei etwa das Phänomen körperlicher Gewalt in einem derart extremen Ausmaß männlich bestimmt (man denke nur an die durch und durch von Männern durchgeführten Vergewaltigungen), dass hier nicht mehr nur von einer patriarchalen Sozialisation ausgegangen werden könne. Ein sehr junges Phänomen kann hier als eklatantes Beispiel gelten: wenn Jugendliche heutzutage nach einer abgelehnten Zigarettenanfrage aus dem Nichts plötzlich (in diesem Fall überwiegend männliche) Passanten ins Koma prügeln, dann steht da hinter in 99% der Fälle eine Gruppe heranwachsender Männer. Im Falle dieser Gewaltausbrüche kommen neben der Kategorie Geschlecht also auch noch die Faktoren Alter und Gruppendynamik zum Tragen. Eine Diskutantin wandte ein, dass die Gewalt hier aber auch dadurch erzeugt wird, dass die patriarchale Gesellschaft an Männer einen Erwartungsdruck an Profilierung und dem Ausstrahlen von Autorität erzeugt – gerade in solchen Situationen männlicher Gruppendynamiken.

Einigkeit schien es aber zumindest in der These zu geben, dass biologisches Geschlecht an sich zumindest existiert. Doch auch das wurde – in Rekurs auf Judith Butler – in Frage gestellt, deren Annahme sei, dass das biologische Geschlecht selbst auch Produkt einer diskursiven Konstruktion sei: so werde die Kategorisierung in „männlich“ und „weiblich“ erst durch ihre diskursive Reproduktion festgeschrieben, wobei diese binäre Opposition hochgradig problematisch sei, da sie eine Vielzahl an intersexuellen Geschlechtsformen auslasse, deren Geschlechtsorgane nicht eindeutig zuordbar seien, es gelte also von einer Vielzahl an Geschlechtern auszugehen. Des Weiteren sei es laut Butler komplett willkürlich, Menschen anhand ihrer Genitalien in zwei Kategorien einzuteilen, während auch jedes beliebige andere Körperteil dafür herangezogen werden könne. Streng genommen müsse die Vielzahl der Geschlechter also durch die Auflösung der Kategorie Geschlecht ersetzt werden. An dieser Stelle mussten wir allerdings zugeben, dass sich nur Einzelne von uns mit Butlers Theorien auseinandergesetzt haben, und das auch nur sehr am Rande, sodass wir uns sehr unsicher waren, ob unsere Auffassungen ihrer Theorien denn auch richtig sind.

Ein Genosse argumentierte daraufhin, dass die Zweiteilung der Geschlechter auf analytischer Ebene schon richtig sei, da die intersexuellen Geschlechtsformen sich von der bipolaren Geschlechterordnung nur ableiten, sie also ein „Zwischengeschlecht“ darstellten. Damit wurde die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kritisiert, das die Existenz eines „dritten Geschlechts“ proklamierte. Eine Genossin erwiderte, dass die Entscheidung des Gerichts auch von Seiten der Wissenschaft beanstandet wird, allerdings mit dem Argument, dass es medizinisch gesehen 13 (?) Geschlechter gebe. Insgesamt gab es beim ersten Diskussionsthema also einige Übereinstimmungen und Annäherungen, aber auch etliche Differenzen. Klare Einigkeit herrschte hingegen bei der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen biologischem sex und sozialem gender.

 

2) Zum Umgang mit Transfrauen in Frauenhäusern

Aus der Definition von Geschlecht leitete sich dann auch die Frage ab, wie mit Transfrauen in Frauenhäusern umzugehen sei, welche als Männer geboren wurden und so das Exklusionsprinzip von Frauenhäuser in Frage stellen.

Zu befürchten sei etwa, dass Transfrauen noch verinnerlichte patriarchale Verhaltensmuster an den Tag legen könnten, während der Einwand lautete, dass ein Mensch, der sich als Frau identifiziert, auch als Frau behandelt werden sollte. Der Ausschluss von Transfrauen sei biologistisch und erkenne die soziale Konstruktion von Geschlecht nicht an. Doch seine Problematik gewinnt das Argument spätestens dann, wenn in einem der entsprechenden Frauenhäuser Frauen verkehren, denen erst seit kurzem eine Gewalterfahrung widerfahren ist und für die daher auch die Anwesenheit von Transfrauen eine Belastung darstellen könnte. Doch können nicht auch Transmänner (also jene Transpersonen, welche als Frau geboren wurden) sich patriarchal verhalten, wurde gefragt. Zumal, wenn eine Transfrau eine Vergewaltigung durch einen Mann erlitten hätte, ihr definitiv Anspruch auf die schützende Räumlichkeit eines Frauenhauses zustünde. Kompliziert wird es, wenn ein Mann bereits den Plan hat, sein Geschlecht zu wechseln, schon lange eine Hormontherapie angefangen hat und kurz vor seinem OP-Termin plötzlich Gewalt erfährt. Dürfte eine solche Person in ein Frauenhaus? Wir meinten, die Frauenhäuser sollten all diese Situationen selbst entscheiden, niemand dürfe ihnen dabei den richtigen Weg vorschreiben. Und sollten sich solche vereinzelten Fälle summieren, könnte auch über die Einführung von Divers-Häusern nachgedacht werden.

Doch es zeigten sich noch eine Reihe von Spezialfällen, die diskutiert werden sollten: wie etwa ist mit männlichen Kindern von Frauen in Frauenhäusern umzugehen? Was ist, wenn etwa der Vater gewalttätig ist, wo sollen die Kinder unterkommen? Sind männliche Kinder erlaubt, bis zu einer gewissen Altersgrenze? Wäre vielleicht 16 eine geeignete Grenze, da ab 16 das Jugendamt eigene Wohnungen zuweisen darf. Klar wurde hier, dass es für Menschen generell Schutzräume braucht, egal welchen Geschlechts, Hautfarbe, Religion oder anderer Eigenschaft. Doch auch die Art und Weise, wie Reglementierungen festgelegt werden, muss vereinbart werden. Einzelfallentscheidungen mögen bei kleinen Frauenhäusern funktionieren, wenn das Konzept Frauenhaus aber eines Tages zur alltäglichen Selbstverständlichkeit werden soll, müssen die Einrichtungen sich auf allgemeine Regeln einigen, da sie bei einer zu großen Anzahl an Besucher*innen nicht mehr die Kapazitäten für Einzelfallentscheidungen haben werden.

 

3) Gendern und Sprache

Zum Einstieg schauten wir uns ein kurzes Video (https://www.youtube.com/watch?v=9chdQUbNF1U) an, in dem die Gendering-Gegnerin Sabine Mertens vom „Verein Deutsche Sprache“ mit dem Gleichstellungsbeauftragten Georg Teichert von der Universität Leipzig über Sinn und Unsinn von sprachlichem Gendering diskutierte und sich Erstere dabei argumentativ erfolgreich ins Nirvana manövrierte. Obwohl wir noch nicht mal mit dem ersten Diskussionspunkt begonnen hatten, wurde uns schnell klar, dass der Kampf gegen das Gendern nur allzu oft von platten Antifeminist*innen geführt wird. Anschließend starteten wir in die Diskussion.

Das Gendern, so waren wir uns einig, habe die Funktion, die Realität abzubilden. Dessen Wirkmächtigkeit zeige sich in Experimenten, die etwa belegen, dass jungen Schüler*innen, die nach der Attraktivität des Feuerwehrberufs gefragt werden, unterschiedliche Antworten angeben, je nachdem, wie die Frage lautet: auf „Wer will später mal zur Feuerwehr?“ antworten mehr Mädchen als bei „Wer von euch will mal Feuerwehrmann werden?“. Andererseits darf die Wirkmächtigkeit sprachlicher Akte auch nicht überwertet werden. So wäre es vermessen, zu behaupten, dass die soziale Stellung der Frau im angelsächsischen Raum, wo kein generisches Maskulinum existiert, signifikant fortgeschrittener wäre als in Deutschland, Österreich oder der Schweiz.

Nichtsdestotrotz erbringt die Praxis des Gendering positive Effekte, wobei sich daraus aber noch keine Pflicht zu dieser Praxis ableite, der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier. Unverzichtbar sei Gendern aber im öffentlichen Bereich, wie in Behördenbriefen oder auch im Arbeitsleben.

Das Konterargument der Lesbarkeit sei aber nicht ganz von der Hand zu weisen, insbesondere in speziellen Sonderfällen kann sich das Gendern zur hochverkopften Angelegenheit verkomplizieren. In Bezugnahme auf einen Zeit-Artikel (https://www.zeit.de/2018/23/gendern-schrift-deutsche-sprache-zensur-ja) brachte ein Diskussionsteilnehmer dabei einige Beispiele ein: das Bürgermeisterzimmer sollte wohl besser nicht zum „Bürgermeister*innenzimmer“ werden und auch der „Deutsche Ärzt*innentag“ klingt nicht besonders schön. Manche Aussagen führten sich sogar gänzlich ad absurdum, wenn beispielsweise behauptet wird „Frauen sind die besseren Autofahrerinnen“, genauso wenig wie „Männer sind die schlechteren Autofahrerinnen“ noch Sinn ergebe. In einigen Fällen, etwa bei der Aussage „Ich gehe zum Friseur“ seien Friseurinnen ohnehin eindeutig mitgemeint. Die Sprachfeministin Luise F. Pusch sieht in dem Binnen-I durch ihre Ableitung sogar eine herabsetzende Form, weshalb sie generell das Neutrum vorschlage: das Professor, das Arzt usw. Einige Sachverhalte ließen sich durch Gendern gar nicht erst ausdrücken, etwa wenn auf Partizipien zurückgegriffen werde: handelt es sich bei den „Dozierenden“ nun um eine Gruppe von Aushilfsstudent*innen oder um alteingessene Professor*innen?

„Ja“, lenkte daraufhin ein Genosse ein, „das stimmt“, allerdings stünden die durch Einzelfälle auftretenden Verwirrungen in keinerlei Verhältnis zu der systematischen Ungenauigkeit, die durch das generische Maskulinum erzeugt werde. Allerdings ließe sich durchaus diskutieren, ob auf Gendern in bestimmten Situationen nicht verzichtet werden sollte. Solche Fälle stellten zum Beispiel das Gendern in musikalischen Liedern dar, was sich oft gar nicht gut mit dem menschlichen Rhytmusgespür vertrage. Auch das beliebte „mensch“ trage oft zur Verwirrung bei, grotesk werde es, wenn Postmodernist*innen und Anarchist*innen nun damit beginnen, Unterstriche in die Mitte von Wörtern zu setzen (Beispiel: Le_hrerinnen), um die immer noch visualisierte Dualität aufzubrechen, oder von „Aktivistis“, „jemensch“ und Ähnlichem sprechen. Dabei muss ein kreatives Gendern erst einmal nichts Falsches sein, solange es sich nicht in den eben genannten Verrenkungen und Neologismen verheddert. So sind Partizipien oder Passivkonstruktionen oft sogar eine willkommene Abwechslung, eine empfehlenswerte Hilfe biete hierbei das sogenannte „Genderwörterbuch“. (https://geschicktgendern.de/ )

Interessant wäre es nun, über das Deutsche hinauszublicken und sich zu fragen, wie das andere Sprachen handhabten? Darüber wussten wir leider nur wenig zu sagen, nur dass es im Spanischen auch Fälle von generischen Femininen gebe (zum Beispiel el colega /la colega: denn im Spanischen sind Endungen auf -a fast immer weiblich). Und während im Russischen eine gewisse Form des Gendering traditionell verankert sei, ist im Schwedischen und Spanischen die moderne Form des Gendern relativ weit fortgeschritten. (Anmerkung: anbei ein Artikel zum Gendern in Fremdsprachen, den wir nachträglich herausgesucht haben: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/franzoesisch-japanisch-russisch-gendern-in-anderen-sprachen-16169827.html )

Gegen Ende kam noch eine strategische Überlegung auf: ob das Gedern nicht eher eine Abwehrreaktion befördere. Um das zu beantworten, muss man sich zunächst vor Augen führen, wer denn hinter der Kritik am Gendern eigentlich steht: das sind überwiegend Männer, während etwa 30% der Frauen in Deutschland das Gendern befürworten. Das lässt sich zweideutig interpretieren: zum einen ist der Anteil von Frauen unter den Genderbefürworter*innen besonders hoch, zum anderen heißt das aber eben auch, dass sich auch viele Frauen gegen das Gendern stellen. Dieses strategische Argument wurde jedoch entkräftet, als dass es zu weit hergeholt schien, dass ausgerechnet das Gendern für den aktuellen Antifeminismus verantwortlich sei. Auch wenn Gendern oft zunächst eine Abwehrreaktion hervorrufe, führten doch erst solche Provokationen zu einem allmählichen Bewusstseinswandel.

Im Zuge der Debatte waren wir uns als Gruppe nun so langsam weitgehend einig geworden, dass Gendern trotz aller Kritikpunkte eine wertvolle Sprachpraxis darstellt, wobei der Unterschied zwischen privatem und öffentlichem Bereich von Bedeutung ist: möge es in ersterem jede*m selbst überlassen sein, wie er*sie damit umgehe, erhält es im Öffentlichen berechtigterweise langsam Einzug. Bliebe noch die Frage nach der Art und Weise des Genderns. Das bloße Binnen-I übergeht alle anderen Geschlechterkonzepte, die sich nicht binär zuordnen lassen. Das Sternchen betone die diverse Pluralität, indem der Stern „in alle Richtungen“ ausstrahle. Jedoch kann das Sternchen fälschlicherweise auch als Fußnote verstanden werden. Der Unterstrich aber reproduziere durch seine graphische Visualisierung einer „Lücke“ die binäre Geschlechterordnung. Vor allem Menschen mit Sehbehinderung erfreuen sich oft des Doppelpunkts, da die Textvertonungs-App „Siri“ von Apple beim Doppelpunkt eine wahrnehmbare Pause einfügt, während es das Sternchen und den Unterstrich explizit als Satzzeichen vorliest: „Fußballer-sternchen-in“…

Ein Diskutant problematisierte noch, dass Gendern unter Umständen selbst die Realität verzerrt darstellen könne. So sei es beispielsweise grotesk, von „Vergewaltiger*innen“ zu reden. Die Frage, ob das Gendern in solchen Fällen eine provokative Gedankenanregung bedeuten könne, haben wir aufgrund der Ernsthaftigkeit der Thematik klar verneint. Schwieriger verhält es sich, wenn die Differenz zwischen gesellschaftlicher Realität und sprachlicher Abbildung nicht so eindeutig ist. So gebe es zwar durchaus eine Hand voll Philosophinnen, allerdings ist die theoretische Sphäre weitgehend männlich bestimmt, sodass es bei einer neunzigprozentig männlichen Durchsetzung fraglich sei, noch von „Philosoph*innen“ zu sprechen. Dem wurde entgegnet, dass Gendern – abgesehen von Extremfällen wie eben bei Vergewaltigern – keine Frage der prozentualen Zusammensetzung sei, sondern es ja eben gerade darum gehe, Frauen und nicht-binär zuordbare Personen mit einzubeziehen und sichtbar zu machen.

Damit hatten wir eine fruchtbare und intensive Diskussion hinter uns, bei der wir uns diesmal fast ausschließlich mit identitätspolitischen Fragestellungen beschäftigten, was für unsere doch eher materialistisch orientierte Basisgruppe doch ein bisschen unüblich ist 😉 Auf die Frage, WIE wir denn als Basisgruppe in öffentlichen Texten denn nun gendern wollen, haben wir angesichts der fortgeschrittenen Zeit aber keine Antwort mehr gegeben. Stattdessen verabschiedeten wir uns in die Raucherpause.
Raucher*innen(!)pause.

Schreibe einen Kommentar